Amateurfunk – schräge Vögel in Fürth?!
4. Juli 2010 | von Ralph A. Schmid | Kategorie: WissenAmateurfunker – sind das nicht die alten Männer, die daheim im Kämmerlein hocken und vermittels riesiger Antennen kryptische Morsebotschaften mit der ganzen Welt austauschen? Doch weit gefehlt, es handelt sich dabei um ein vielschichtiges und abwechslungsreiches Hobby rund um Kommunikation, Elektronik und Antennentechnik. Auch in Fürth gibt es eine rege Gemeinde von Funkamateuren, die sich mit den verschiedenen Facetten des Amateurfunks befaßt und in einem Verein organisiert ist.
Vor wir in die Thematik einsteigen – Amateurfunker ist der falsche Ausdruck, wir sind Funkamateure. So viel Pingeligkeit muß sein :-) Der Amateurfunk ist ein Funkdienst mit experimentell-wissenschaftlichem Anspruch. Soll heißen, wir funken nicht nur, nein, wir dürfen unsere Funkgeräte selbst bauen und umbauen und dann auch betreiben. Dies ist ein einmaliges Privileg, wird doch ansonsten jede Art der Funkkommunikation strikt reglementiert und darf nur mit Geräten stattfinden, die strenge technische Überprüfungen ohne Beanstandung bestehen müssen. Daher rührt auch die Anforderung, daß sich ein Funkamateur einer Prüfung bei der Bundesnetzagentur unterziehen muß (früher geschah dies bei der Oberpostdirektion) und sich erst nach Bestehen aktiv betätigen darf. Diese Prüfung besteht aus Vorschriften, aus Regeln für den Funkbetrieb, und aus einem anspruchsvollen Teil in Elektronik und Nachrichtentechnik. Man munkelt, sie entspräche im Schwierigkeitsgrad einer Facharbeiterprüfung, aber wer sich dafür interessiert, der zieht das in der Regel mit links durch – alles halb so schlimm. Zur Unterstützung gibt es Kurse, Lehrmaterialien und letztlich auch die Hilfe im örtlichen Verein. Nach Bestehen der Prüfung erhält man ein weltweit eindeutiges Amateurfunkrufzeichen, eine Kombination aus Buchstaben und Ziffern, welches man bei jedem Funkkontakt nennen muß, und welches einen identifizierbar macht. Der Verfasser trägt das Rufzeichen DK5RAS, D für Deutschland, K zeigt die Genehmigungsklasse 1 an, 5RAS ist quasi eine laufende Nummer, wobei in den letzten Jahren die Möglichkeit aufgekommen ist, sich dafür im Rahmen der freien Kombinationen eine Wunschkombination auszuwählen. Somit entspricht RAS einfach den Initialen des Schreiberlings hier.
Hat man nun die Genehmigungsurkunde in Händen, stellt sich erst einmal die Frage, was will man denn überhaupt damit anfangen. Gängig für Neulinge ist es, sich zunächst ein UKW-Funkgerät zuzulegen, welches eine eher begrenzte Reichweite in der Region ermöglicht, und darüber ein paar Gleichgesinnte kennenzulernen, eventuell Kontakte zum örtlichen Verein zu knüpfen, Funkamateure in der Nachbarschaft kennenzulernen und ein wenig abzuklopfen, was man denn so alles mit der neuen Freiheit anzufangen gedenkt. Dies muß nicht teuer sein, ein einfaches Handfunkgerät aus chinesischer Fertigung erhält man für weniger als einhundert Euro, und ein Funkgerät zur Verwendung im Fahrzeug oder als Feststation daheim kann man bereits ab 200 oder 300 EUR erwerben. Auch bei späterer Umorientierung auf ein ganz anderes Spezialgebiet ist so ein Ding eine nette Möglichkeit, mit den Funkkollegen aus der Umgebung in losem Kontakt zu bleiben.
Der Ursprung und in den Augen Vieler die Königsklasse ist der weltweite Funkverkehr auf Kurzwelle, sei es in Morsetelegraphie oder auch in Sprechfunk. Die dafür notwendigen Antennen sind meist etwas voluminöser, doch auch bereits mit einfachen Drahtgebilden sind bereits erstaunliche Erfolge zu erzielen. Häufig werden erfolgreiche Verbindungen auch mit sog. QSL-Karten bestätigt. Dies hört sich kompliziert an, aber letztlich handelt es sich um mehr oder weniger phantasievoll gestaltete Postkarten mit regionalem und/oder funktechnischem Bezug, zum Sammeln, Abheften und Erinnern. Sehr beliebt im Kurzwellenfunk ist auch der Contest, ein Wettbewerb, meistens an einem Wochenende, dessen Ziel es üblicherweise ist, möglichst viele Gegenstationen zu erreichen, in möglicht fernen Landen. Dabei gibt es dann teilweise erschwerende Bedingungen wie verringerte Sendeleistung, Verwendung bestimmter Frequenzbereiche oder Anwendung bestimmter Betriebsarten, wie zum Beispiel »nur Morsen« oder »nur Sprechfunk«. Es gibt Contest-Gruppen, welche beträchtlichen technischen und personellen Aufwand betreiben und straff organisiert rund um die Uhr Funkbetrieb an top ausgestatteten Funkstellen mit dem Ziel einer Spitzenplatzierung durchführen, aber auch die Contester im stillen Kämmerlein daheim, die einach nur aus Spaß an der Freude teilnehmen.
Eine weitere nennenswere Gruppe sind die UKW-Funker. Da wird viel mit kleinen, preisgünstigen Geräten gefunkt, ganz ähnlich der Technik, die man bei Polizei, Rettung und Feuerwehr antrifft. Die Reichweite ist viel kleiner, von einigen wenigen bis einigen zig km üblicherweise, und dann gibt es da auch noch sogenannte Relaisfunkstellen, die an exponierten Standorten (Bergen, Türmen, Hochhäusern) betrieben werden und dazu dienen, die Funksignale der Teilnehmer zu verstärken und die Reichweite zu erhöhen. So haben wir in Fürth eine solche Relaisstelle auf einem Hochhaus auf der Hardhöhe, welche auch mit kleinen Handfunkgeräten die Reichweite auf etliche zig km erhöht. Als weitere Spielart solcher Relaisstellen kommt eine Anbindung über Internet (vermittels VoIP-Technik) hinzu, die dann weltweite Funkverbindungen mit einem zigarettenschachtelgroßen Funkgerätchen ermöglicht. Der Verfasser nutzt dies bei seinen zahlreichen Kurzreisen gerne und intensiv für den Schnack mit der Fürther Wahlheimat.
Dazu kommen eine Vielzahl an Spezialdisziplinen, deren genaue Erklärung den Rahmen hier sprengen würde. Erwähnt werden sollte dabei auf jeden Fall der Funkpeilsport, auch genannt Fuchsjagd, bei dem mit kleinen Peilempfängern im Gelände versteckte Sender gefunden werden müssen. Dann betreiben die Funkamateure ein nahezu weltweites Datenfunknetz, zum Austausch von email-ähnlichen Nachrichten. Das sei nichts Besonderes? Dann möge man bedenken, daß wir dies bereits seit den 80er Jahren betreiben. Die Anfänge liegen in einer Zeit, in denen der Normalbürger noch nie etwas von Internet und email gehört hatte, zu der das www noch nicht erfunden war und als Computer Großrechner oder kleine Heimcomputer wie der Sinclair ZX-81 oder der Commodore C64 nur einem eingeweihten Kreise bekannt waren. Ein weiterer interessanter Aspekt der Funkerei ist die Übertragung von Fernsehbildern, sozusagen Videotelephonie über Funk. Dabei werden auch moderne digitale Vefahren angewandt. Oder wer würde denken, daß die Funkamateure seit Jahrzehnten schon eigene Satelliten in’s All schießen, über die weltweiter Amateurfunk in den verschiedensten Betriebsarten abläuft? Auch sind Funkamateure in der Lage, bei Naturkatastrophen eine Kommunikationsbrücke zu errichten, sei es weltweit wie bei Erdbeben, oder auch lokal bei Ereignissen wie schweren Überschwemmungen, die die regulären Kommunikationswege durch Unterbrechung von Stromversorgung und Standleitungen unbrauchbar machen. Für solche Unterstützung finden auch vielerorts regelmäßig gemeinsame Übungen mit den Katastrophenschutzeinrichtungen statt.
Alles dies klingt nun nach vielen Spielereien für große Kinder; doch dahinter steckt weitaus mehr. Funkamateure waren immer schon wegweisend bei der Entwicklung neuer Funkanwendungen, haben die Pionierarbeit geleistet, um immer höhere Frequenzen der Nutzung zu erschließen, und unter den Ingenieuren der Nachrichtentechnik ist der Anteil an Funkamateuren durchaus relevant. Für viele Funkamateure ist es ganz normal, das Hobby zum Beruf gemacht zu haben – oder umgekehrt. Daß wir heute fast alle mit einem Mobiltelephon umherlaufen, daß moderne drahtlose Kommunikation zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden ist, daran haben auch die Funkamateure ihren beträchtlichen Anteil.
Ein großes Problem stellt heute durch die verbreitete irrationale Angst vor Mobilfunkantennen der Aufbau von Antennen dar. Leider wird auch Funkamateuren bereits mit Aufstellen der Antenne sofort jede Fernsehstörung, jeder Kopfschmerz, jeder querliegende Pups sofort unterstellt. Umso amüsanter, daß oftmals die Anlage noch gar nicht verkabelt ist, also noch gar keine Aussendungen von ihr erfolgen können. Alleine der Anblick scheint schon auszureichen, verschiedenste Probleme zu verursachen. Dabei sind auch Funkamateure beim Betrieb ihrer Antennenanlagen verpflichtet, die technischen Parameter zu dokumentieren und anzuzeigen, Feldstärken zu berechnen und Grenzwerte einzuhalten. Sollte Ihr Nachbar eine seltsame Antenne aufstellen, die Sie bedenklich stimmt – gehen Sie auf ihn zu, schwatzen sie ihm einen Kaffee oder ein Bierchen ab, lassen Sie sich erklären, was der da so treibt, und was nicht. Es ist gar nicht so schlimm, wie es vielleicht aussieht. Und sollte sich wirklich herausstellen, daß der Funkamateur nebenan Ihren Fußballgenuß im Abendprogramm durch quakende Geräusche aus dem Lautsprecher und hüpfendes Bild stört, sprechen Sie ihn an, er hat auch die Kompetenz und den Zugriff auf Meßmittel etc., die helfen können, das Problem zu beseitigen. Meist sind die Hersteller der Fernsehgeräte durch ihren Sparwahn für solche Probleme verantwortlich, doch oft ist bereits mit einfachsten Mitteln Abhilfe zu schaffen.
Warum treiben nun erwachsene (aber auch Kinder und Jugendliche!), vernünftige Menschen solchen irrational scheinenden Aufwand? Was soll das, im Zeitalter von Internet und Mobiltelephon? Doch nicht nur die reine Kommunikation ist das Ziel, sondern auch der Weg dazu. Man kann basteln, löten, schrauben, Antennen zurechtschlossern, programmieren, klönen, im Auto nach den aktuellen Staumeldungen fragen oder sich auf dem Weg zur Arbeit unterhalten. Und wer nicht der große Schrauber vor dem Herrn ist, der kann sich auch einfach nur ein fertiges Funkgerät von der Stange kaufen und sich daran erfreuen, wie toll das alles funktioniert. Doch selbst dann kommt oft der Wunsch, dieses Teil dann zu verbessern, zu erweitern, umzubauen; das ist das Schöne daran, es sind einem kaum Grenzen gesetzt. Dabei hat man eine große community zur Verfügung, die einem hilft, seine Kentnisse zu erweitern oder im Fall des Falles auch einmal direkt mit Hand anlegt, um ein Problem(chen) zu lösen.
Wer es nun bis hierher durchgehalten hat und noch weiterführende Informationen sucht, dem sind zunächst einmal die beiden größten Amateurfunk-Verbände Deutschlands angeraten, die auch in der Fläche mit Ortsverbänden vertreten sind:
Dann gibt es natürlich eine lokale Gliederung eines Verbandes; für Fürth ist dies ein Ortsverband des DARC:
Zu guter Letzt, Fürth hat auch so eine Relaisfunkstelle (das Rufzeichen DB0FUE bildet natürlich den Lokalbezug ab), und wer sich für die Technik dahinter ein wenig interessiert, dem sei diese Anlaufstelle empfohlen:
Auch der Verfasser steht gerne für Fragen zur Verfügung, sei es über dieses Blog oder über den vorgenannten link zu DB0FUE.
Ralph A. Schmid ist Funkamateur seit dem Jahre 1986, hat über ein Studium der Nachrichtentechnik dieses Hobby auch zum jahrelangen Beruf gemacht, betreibt die Fürther Relaisfunkstelle und ist immer mal wieder in Fürth mit einem Funkgerät am Gürtel anzutreffen.
Sorry, lieber Herr Schmid, dass mir beim Schreiben Ihrer Zeilen nebst Galle auch das zuletzt gegessene Frühstück wieder hochkommt. Aber ich habe durchweg negative Erlebnisse mit sog. Funkamateuren oder auch die Kategorie CB-Funker. Beide sind mir mehr als suspekt sowohl als Mensch als auch als Hobbyträger.
Ich gehöre nicht zu denen, die vor monströsen Antennen gleich Schluckauf bekommen, vielmehr ist es der Ton, der die Musik macht. Und leider verstehe ich gar nicht, warum nicht mehr solche negativen Erlebnisse, wie das meine, hier im Netz verbreitet erscheint.
Mein Nachbar der Funkamateur bereitet mir seit 8 Monaten schlaflose Nächte!! Dieser hat seine Arbeitszeit nachweislich geändert, um dem Hobby vor allem nachts fröhnen zu können, zum Leidwesen meinerseits. Kaum einmal ein Tag, an dem er nicht »funkt«. Bei mir ist dann eine Geräuschkulisse von ich höre fast nichts (also leise, wunderbar zum Schlafen) bis »jetzt geh ich die Decke hinauf« mit maximaler Leistung, was begleitet wird von einem elendigen Brummton mit immer wieder lauteren und leiseren Spitzen, bis zuletzt meine Ohren einen Druck bekommen. Hätte ich keine Zeugen, würde man mich wohl längst in die Psychiatrie einweisen, denn mein lieber Nachbar gibt seine Hobby-Sucht – und von dieser sprechen wir hier eindeutig – nicht zu, damit er nicht noch den letzten Strohhalm zur Außenwelt verliert.
Ich für meine Seite musste ausziehen, um wenigstens wieder Normalität in mein Leben zu bringen und leider ist für mich dieses Hobby nicht besser als das ewige vor dem Computer rumhocken. Das Leben ist für viele damit vorbei. Mein Nachbar hat seit über 10 Jahren keine Freundin, weder dass er noch mit irgendwelchen Nachbarn spricht. Aber vielleicht kann man auch froh sein, dass er vor seinen Maschinen sitzt, wer weiss, was er sonst anstellen würde.
MfG
Fr. Ernst
Hallo Frau Ernst,
ich würde einfach mal mit dem benachbarten Funkamateur reden. Wo kommt denn der Brummton her, stört er ein Gerät, welches dann brummt, oder was genau passiert da? Die Hochfrequenz an sich ist nämlich geräuschlos. Oder hat er seine Lautspcher so laut gedreht, daß es durch die Wand dröhnt?
Wenn man miteinander redet, statt auf Flucht oder Krawall gebürstet zu sein, kommt man meist weiter :)
Ansonsten, leben und leben lassen, wer ist man denn, um dem Nachbarn sein Hobby absprechen zu wollen, egal, ob er es gelegentlich oder exzessiv betreibt, solange er niemanden dadurch schädigt?! Daher halte ich es für sehr vermessen, das als »Hobby-Sucht« darzustellen, sorry.
Viele Grüße!
Ralph.