Lange Nacht der Religionen
20. April 2012 | von Volker Zuber | Kategorie: KulturEs gibt Museumsnächte und Kulturnächte, sogar blaue Nächte und natürlich auch lange Nächte der Wissenschaften. Und das in den unterschiedlichsten Städten in Deutschland. Eine »Lange Nacht der Religionen« gibt es nur in Fürth. Und das steht unserer Stadt gut zu Gesicht.
So etwas würde vielen Orten gut tun und wir können ein bisschen stolz darauf sein, dass es unsrer Stadt zum nunmehr dritten Mal gelingt, so ein Projekt auf die Beine zu stellen. Dabei ist nicht nur die Logistik ein Problem, das gemeistert werden will. Angefangen bei der Vorarbeit von über einem Jahr im Bürgermeister- und Presseamt der Stadt, bis hin zur Unterstützung der infra, die auch den Shuttlebus-Service ermöglicht, der die Besucher zu den unterschiedlichsten Veranstaltungsorten durch die ganze Stadt bringt.
Das Wichtigste an der ganzen Veranstaltung ist nicht nur die zentrale Koordination durch die Stadt und das Evangelische Bildungswerk, sondern die großartige Mitarbeit der beteiligten Religionsgemeinschaften. Für mich als einen der Mitinitiatoren dieser Veranstaltung ist es fast ein kleines Wunder, dass so viele unterschiedliche Glaubensrichtungen friedlich um einen Tisch sitzen und auch am Ende sich zu einer gemeinsamen Schlussveranstaltung zusammenschließen. Am Anfang schien mir die Idee fast »traumhaft« zu sein. Aber auch mit besonderer Unterstützung unseres Oberbürgermeisters Dr. Thomas Jung lässt sich diese Idee nun schon zum dritten Mal verwirklichen.
15 Stationen, in denen sich vier verschiedene Religionsausrichtungen präsentieren: Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und die Bahai-Gemeinde. Besonders schön ist es auch, dass die zum Teil recht unterschiedlichen Glaubensakzente innerhalb des Christentum zur Darstellung kommen. Von der katholischen Kirche über die evangelisch- lutherische und die methodistische Kirche, bis hin zu freien evangelischen Gemeinden. Und auch die Heilsarmee öffnet ihre Türen. Und sie alle haben bei der Abschlussveranstaltung auch nur einen Vertreter für alle christlichen Glaubensformen. Und alle Religionsgemeinschaften konnten sich auch auf den Titel der Veranstaltung einigen: »Suche versuchen«.
Und darum geht es auch. Niederschwellig die Kulträume mit anderen Neugierigen zu betreten und sich von den spirituellen Angeboten berühren zu lassen, sich gleichsam versuchen zu lassen in dem man sie versucht. Dabei soll dieses Mal die sinnliche Wahrnehmung nicht zu kurz kommen.
Denn Glaube ist nicht nur eine Kopfsache sondern eine Herzensangelegenheit, eine Sache auch des Gefühls und nicht nur des kühlen Verstandes. Deswegen schwappen selbst bei gestandenen Politikern die Gefühle manchmal über, wenn es um Religion geht. Dabei schwingt dann oft mehr oder weniger bewusst auch die Angst vor dem Fremden mit. Die Angst vor angeblicher Überfremdung, gerade im religiös-kulturellen Sektor, ist nicht selten die Basis für schwere Auseinandersetzungen, bei denen immer wieder Menschenleben bedroht sind. Was gibt es da besseres dem vorzubeugen, als sich gegenseitig zu besuchen und miteinander zu erleben, dass wir alle Suchende sind, die ein Gespür dafür bekommen wollen, was hinter dem Sinn unseres Lebens steckt, woher wir kommen wohin wir gehen und warum wir da sind. Das kann man nur glaubend erfassen. Aber hier eine Antwort für sich zu finden, kann mehr wert sein, als zu lernen, wie manche Dinge funktionieren. Diese tieferen Werte des Lebens zu entdecken, fördert auch ein humanes Miteinander, das nicht nur auf Leistung, Macht und Geld angewiesen ist.
Und gerade in diesem Bewusstsein kann man auch manchen ängstlich fundamentalen Strömungen entgegentreten, die eher Intoleranz und Machtstreben auf ihre Fahnen geschrieben haben als Demokratie und Dialog – selbst wenn sie es hinter der Verteilung heiliger Bücher verstecken.
Und bei allem dürfen wir eines nicht vergessen: Bis heute ist die Religion des Menschen eine der treibensten Kräfte in Politik und Kultur auf dieser Erde. Und auch jeder einzelne Mensch ist letztlich ein Gläubiger. Denn auch der, der an nichts glaubt kann diese »Nichts« nur glauben. Aber da haben wir schon noch mehr anzubieten in jener Langen Nacht der Religionen. Über 90% der Menschheit gehören einer an. Das kann nachdenklich machen. Gäbe es überall eine Nacht der Religionen sähe unsere Erde friedlicher aus…
Die Veranstaltung findet am 30.04.2012 zwischen 19:00 und 24:00 Uhr statt. Prospekte liegen aus.
Religion ist doch nur Opium fürs Volk...
Man könnte genauso gut sagen: Fußball , Obi, Saturn, Stadtzeitung .... ist Opium für das Volk ....
Deshalb ist dieser Kommentar etwas schwach... Atheist wer bist Du ? ( Dieses Anonymisierung von Meinungen nervt – besonders dann, wenn man sich nicht verstecken sollte – Gerade bei diesen Weltanschauungsthemen sollte man offener sein und sich persönlich stellen ... Und das wird durch so eine Veranstaltung getan!)
Zuber hat recht, wenn er meint: Und auch jeder einzelne Mensch ist letztlich ein Gläubiger. Denn auch der, der an nichts glaubt kann dieses »Nichts« nur glauben.
Die Crux ist aber, dass dieses angebliche Häufchen von 10 Prozent Ungläubigen kaum organisiert ist. (In Deutschland dürften es wesentlich mehr sein! Und wenn man von den praktizierenden und bekennenden »Gläubigen« die Papier-Konfessionellen abziehen würde, sähe es sowieso anders aus!)
Zumindest wurden durch Stadtzeitung & Co noch keine Menschen getötet...
Pressespiegel: »Ein Abend gegen Ängste und Vorurteile« (FN)
Der französische Philosoph Louis Cattiaux (1904–1953), »Die Wiedergefunde Botschaft« (Herder, 2010, S.371), schreibt: »Viele zweifeln gegenwärtig an ihrer Religion und jeder begibt sich auf seine Weise da hinaus, wie man ein Haus verlässt, das einzustürzen droht.«