Dejà-vu in der Stadtentwicklung – Verkauf des Kinogrundstücks in der Gebhardtstraße
3. Mai 2012 | von Christofer Hornstein | Kategorie: HäuserkampfEs ist knapp vier Jahre her, da setzte die Stadtverwaltung für ein innerstädtisches Einkaufzentrum in der Mitte Fürths auf einen einzigen Investor, den portugiesischen Investor Sonae Sierra. Sie wollte ihm sogar noch die halbe Rudolf-Breitscheid-Straße verkaufen, weil dies für sein Konzept vorteilhaft gewesen wäre. Vielleicht weiß die Stadtspitze gar nicht, wie dankbar sie dem Hausbesitzer der Rudolf-Breitscheid-Straße 12 sein kann, der sich standhaft weigerte, sein Eltern- und Geburtshaus an Sonae Sierra zu veräußern und so das gesamte Projekt »Neue Mitte« zum Scheitern brachte.
Danach tat die Stadtspitze genau das, was man von einer Stadtverwaltung bei essentiellen Fragen zur Stadtentwicklung eigentlich erwarten darf: Sie nahm das Heft des Handelns selbst in die Hand, um das große Ziel »Stärkung der Einkaufsstadt Fürth« innenstadtgerecht und unter Berücksichtigung nachhaltiger Stadtbildentwicklung und ‑bewahrung zu erreichen. Sie erwarb günstig die infrage kommenden Areale und initiierte selbstbewusst ein offenes mehrstufiges sog. Investorenauswahlverfahren. Mit MIB wurde so ein Investor gefunden, von dessen innerstadtverträglichen Konzept zu Zeiten von Sonae Sierra selbst die größten Optimisten nicht zu träumen gewagt hätten und das von einer breiten Mehrheit in der Stadtöffentlichkeit und im Stadtrat getragen wurde und wird.
Das Fürther Vorgehen hat auch vor dem Hintergrund von Stuttgart 21 und einem langsamen Paradigmenwechsel der Politik in puncto Bürgerbeteiligung bei Großprojekten bundesweit Aufsehen erregt und große Anerkennung gefunden. Umso unbegreiflicher ist es, dass die Stadt Fürth das Erfolgsmodell »Investorenauswahlverfahren« im Fall Kinogrundstück an der Gebhardt-Straße nicht wiederholt, sondern erneut ohne Not auf einen einzigen Investor setzt. Diesmal kommt der Investor nicht aus Portugal, sondern aus Fürth, was die Sache allerdings nicht besser macht.
Wie bei der »Neuen Mitte« hat die Stadt ein Areal günstig gekauft. Der Standort ist für ein Großstadtkino, wie es Fürth seit langem fehlt, ideal und ohne Zweifel ließe sich über ein bundesweites Investorenauswahlverfahren das städtebaulich und architektonisch beste Konzept sowie ein geeigneter Kinobetreiber für ein Fürther Großstadtkino finden. Auswahlkriterien wären Stadtverträglichkeit, architektonische und stadträumliche Qualität, sowie ein nachhaltiges Betreiberkonzept.
Die Expertise und die unternehmerische Fortune des in der FN als »Lokalmatador« bezeichneten ehemaligen Fürther Kinobetreibers, dem die Stadt Fürth das Areal zur Verfügung stellen möchte, sind eher abschreckend: Nach Übernahme der ehemals florierenden und renommierten City-Kinos von seinen Eltern, wirtschaftete der sog. »Lokalmatador« die Kinos zur völligen Bedeutungslosigkeit herunter und verschlief komplett den Multiplex-Boom der neunziger Jahre, der v.a. technisch neue Maßstäbe setzte und der über die Kombination mit Gastronomie den Treffpunktcharakter des Kinos wieder in den Vordergrund stellte. Ausgerechnet auf diesen Geschäftsmann setzt nun die Stadtspitze, obwohl – wie der Wirtschaftsreferent in der FN kürzlich berichtete – jede Menge anderer Kinoinvestoren Interesse angemeldet haben.
Dass Herr Ach plant, sein eigentlich für die Stadt Neumarkt entwickeltes Glas-Stahl-Kinoprojekt architektonisch kaum verändert jetzt im Fürther Bahnhofsviertel landen zu lassen, zeigt, dass er wenig Gespür für die stadtgestalterische Eigenheit der Fürther Innenstadt hat und auch architektonisch nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit ist. Die in der FN vorgestellte Stahl-Glas-Architektur steht eher für die Neunziger Jahre, die exponierte Solitärbauten favorisierte, während die aktuelle Architektursprache wesentlich zurückhaltender, raffinierter im Detail und vermutlich auch städtebaulich nachhaltiger ist bzw. zu werden verspricht.
Die Entscheidung über den Verkauf des Areals in der Gebhardtstraße trifft in letzter Instanz der Stadtrat und es bleibt nur zu hoffen, dass es genügend Stadträtinnen und Stadträte gibt, die sich an die äußerst positiven Erfahrungen mit dem Investorenauswahlverfahren erinnern und einen entsprechenden Vorschlag einbringen. Dies wäre keineswegs eine Entscheidung gegen Herrn Ach, der sich am Verfahren beteiligen kann und sollte, aber es wäre eine Entscheidung für einen Wettbewerb innerhalb der Investoren. Hiervon kann die Stadt Fürth und können die Fürther nur profitieren!
Nachtrag: Fürther Kinobetreiber mit ins Boot zu holen und zu einem Investorenauswahlverfahren einzuladen, ist durchaus eine sinnvolle Überlegung, allerdings empfehlen sich hier eher die Betreiber des kleinen, aber feinen »Kultiplex«-Projektes »Babylon«, das sich in der Region und darüber hinaus einen hervorragenden Ruf erarbeitet hat. Man bedenke, dass Herr Weber in den 70er Jahren mit der Nürnberger Meisengeige begann, und heute mit dem »Cinecitta« das erfolgreichste Multiplexkino in Deutschland betreibt...
Pressespiegel: »Fürth: Lokalmatador nimmt das Multiplex-Kino ins Visier« (FN)
Pressespiegel: »Gesucht: Ein neuer Kino-Standort für Fürth« (FN vom 21.09.2011)
Man hat halt wirklich nichts daraus gelernt. Wir werden uns damit abfinden müssen, dass dieser OB das »Prinzip basta« einfach bequemer findet und das wird sich wohl leider auch nicht so schnell ändern. Sehr traurig, dass man sich von vorneherein auf einen Investoren festlegt, der, wie hier beschrieben, ja nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt ist in Fürth.
Kleine Ergänzung: Ich halte Stahl und Glas nicht zwingend für schlimm und wenn es gut gemacht wird, darf ein neues Gebäude auch im Kontrast zu einem alten stehen (und nicht nur im »Dialog«). Man muss sich auch mal architektonisch was trauen dürfen!
Zur Ergänzung von phsteffen:
Wenn Neubau im Kontrast zu einem Altbau steht, kann es durchaus im Dialog damit stehen. Die Diskussion um städtische Architektur auf Pro und Contra »moderne« Architektur oder »moderne« Architektur contra »historisierende« Architektur zu verkürzen, halte ich für absolut kontraproduktiv. Es geht um die Bildung von lebenswerten Straßen‑, Platz- und Stadträumen. Auf diesem Gebiet hat die Moderne in den letzten 100 Jahren gänzlich versagt, viel zerstört und gleichzeitig nichts vergleichbares zu den historischen Straßen und Plätzen geschaffen. Hier gibt es großen Nachholbedarf im Denken, Wahrnehmen und Handeln, gerade bei den Planern, aber eben auch bei den Entscheidern. Wer hier tiefer einsteigen möchte, dem empfehle ich wärmstens die Reihe »Dortmunder Vorträge zur Stadtbaukunst«. herausgegeben von Christoph Mäckler und Wolfgang Sonne.
Übrigens: Der OB und phsteffen liegen bzgl. Architektur ganz auf derselben Wellenlänge... ;-) Auch er ist der Meinung, dass man sich architektonisch etwas trauen sollte und ermutigt die Bauherren in der Gebhardtstraße ausdrücklich zur »modernen Architektur«. Memento tempus: Beim Bahnhofscenter, bei der Commerzbank in der Rudolf-Breitscheid-Straße, beim Lebenshilfehaus in der Ludwig-Erhard-Straße, beim Sparkassenhochhaus, um nur ein paar bekannte Bausünden der Moderne zu nennen, hat man sich »architektonisch auch was mal getraut«... Ich nenne die Ergebnisse nicht mutig, sondern im besten Wortsinn rücksichtslos...
Pressespiegel: »Kontroverse Diskussion ums Kino« (FN)
Pressespiegel: »Ehrgeizige Kinopläne müssen noch warten« (FN)
Pressespiegel: »Weltfirma wächst in Fürth« (FN)
Pressespiegel: »Entscheidung über die Fürther Kinopläne bahnt sich an« (FN)
Pressespiegel: »Zweitverwertung für Achs Kino-Pläne« (Mittelbayerische)
Pressespiegel: »Der Weg zum Multiplex-Kino ist geebnet« (FN)
Pressespiegel: »Fürths neues Kino aus der Vogelperspektive« (FN)
Pressespiegel: »Die Schmuddelecke bekommt futuristische Akzente« (FN)
Pressespiegel: »Die Kinomacher wollen in Kürze loslegen« (FN)
Pressespiegel: »Kinomacher stehen in den Startlöchern« (FN)
Pressespiegel: »Abbruchbagger sollen Platz für das neue Kino schaffen« (FN)
Pressespiegel: »Abriss bahnt sich an« (FN)
Pressespiegel: »Fürs Kino wird in die Hände gespuckt« (FN)
Pressespiegel: »Ein Kino kommt, das andere Kino geht« (FN)
Pressespiegel: »Laderampe versperrt den Blick aufs Kino« (FN)
Pressespiegel: »Multiplex-Kino soll ab Juli gebaut werden« (FN)
Pressespiegel: »Zumindest das Dach wird entfernt« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kinobau verzögert sich« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kino-Bauherr verhandelt noch« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kinoträume werden wahr« (FN)
Pressespiegel: »Bewegung auf dem Kino-Grundstück« (FN)
Nun, an der Architektur des neuen Kinos habe ich wenig auszusetzen. Es wird sich durch die Module gut mit dem Bau der iba AG nebenan ergänzen. Da der Marktkauf gegenüber auch grundlegend renoviert werden soll ist dort auch viel Glas und Stahl zu erwarten. Sicher nicht weniger als bisher schon. Und das Bahnhofscenter schaut doch ganz gut aus verglichen mit Bätz (Schuh Mücke) und anderen Lückenfüllern in der Gebhardtstraße. Eigentlich fehlt da nur ein wenig Farbe an der angegrauten Fassade, das hat auf der Hardhöhe fast Wunder gewirkt.
Wenn Fürth ein weniger »Eier« hat, dann reißt man die Post weg und baut da auch nochmal einen Turm hin. Natürlich anders (moderner) gestaltet als Bahnhofscenter und Sparkasse, aber insgesamt könnte wenigstens sowas wie ein Ensemble draus werden.
Pressespiegel: »Fürther Kino-Fans müssen sich bis Herbst 2014 gedulden« (FN)
Pressespiegel: »Rampe: Bahn fand eine Lösung« (FN)
Pressespiegel: »Finanzieller Engpass bringt Fürths Kinoprojekt ins Wanken« (FN)
Pressespiegel: »Ach kann das Fürther Multiplex-Kino doch weiterbauen« (FN)
Pressespiegel: »Causa Multiplex-Kino versetzt Fürther Stadtspitze in Rage« (FN)
Pressespiegel: »Fürth: Stadtrat will Achs neue Multiplex-Kinopläne stoppen« (FN)
Pressespiegel: »Fürth will den Stillstand in Sachen Multiplex-Kino vermeiden« (FN)
Pressespiegel: »In der Kino-Affäre gibt es weiteren Gesprächsbedarf« (FN)
Pressespiegel: »Kino-Kehrtwende in Fürth: Ach nimmt neuen Anlauf« (FN)
Pressespiegel: »Schwarz auf weiß: Fürther Kino muss bald gebaut werden« (FN)
Pressespiegel: »Beschauliches Tempo auf dem Kinoareal« (FN)
Pressespiegel: »Stillstand nährt neue Kino-Spekulationen in Fürth« (FN)
Pressespiegel: »Nächster Schritt: Fürths Kino-Bauherr Ach bleibt im Spiel« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kino-Baustart lässt weiter auf sich warten« (FN)
Pressespiegel: »Endlich Bewegung auf dem Fürther Kinoareal« (FN)
Pressespiegel: »Fundamente für Fürths Kino« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kino: Kräne sind da, im Oktober sollen Filme laufen« (FN)
Pressespiegel: »Fast filmreif: Erster Kinosaal in Fürth nimmt Konturen an« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Kinobau: James Bond kann bald einziehen« (FN)
Pressespiegel: »Bauherr Ach sucht mit FN-Lesern einen Namen für sein Kino« (FN)
Ich habe gestern abend zwei meiner Meinung nach ebenso originelle wie griffige Namensvorschläge eingereicht. Sollte ich mit einem davon tatsächlich das Rennen machen und die Jahreskarte gewinnen, würde ich binnen 12 Monaten weit öfter ins Kino gehen als gesamthaft in den 55,5 Lebensjahren zuvor. Den Urlaub würde ich dann wohl auch heimatnah verbringen (müssen), fünf Wochen auswärtige Kino-Pause wären ja gar nicht mehr einzuholen... ;-)
Pressespiegel: »Kleeplex, Cinemach, KiFü: Wie soll das Fürther Kino heißen?« (FN)
Pressespiegel: »Bald bekommt das Fürther Kino seinen Namen« (FN)
Pressespiegel: »Fürths neues Kino soll ‘Metroplex’ heißen« (FN)
Pressespiegel: »Fürth: Großes Kino mit einem kleinen Kleeblatt« (FN)
Pressespiegel: »Graugrün geht das Metroplex in den Endspurt« (FN)
Pressespiegel: »Rundgang durch Fürths neues Kino – Eröffnung im November« (FN)
Pressespiegel: »Aufatmen in Fürth: Neues Kino legt in allen sechs Sälen los« (FN)
Pressespiegel: »Film ab! Das neue Fürther Metroplex besteht Testlauf« (FN)
Pressespiegel: »Fürth: Kino-Eröffnung mit improvisiertem Festakt« (FN)
Pressespiegel: »Wechsel: Metroplex-Kino ab sofort unter neuer Regie« (FN)