MIB – steht der Investor zu seinem Wort?
18. Oktober 2012 | von Ralph Stenzel | Kategorie: HäuserkampfDas lange Warten hat bald ein Ende, das Bangen um Fürths »gute Stube« indes geht weiter: Wenn demnächst das Parkhotel und diverse andere Gebäude abgerissen werden, um der kommerziell motivierten Neugestaltung der Innenstadt Platz zu machen, droht ein Relikt aus großer Zeit den Baggerzähnen zum Opfer zu fallen, welches zwei Weltkriege und den Modernisierungswahn der Nachkriegszeit unbeschadet überstanden hat: Am Beispiel der im Originalzustand erhaltenen Festsaal-Fassade in der Moststraße sei ein erstaunlicher Wandel der Planungen dokumentiert, der sich leider auch in anderen Aspekten andeutet...
Am 07.07.2011 präsentierten die drei damals noch im Rennen befindlichen Investoren ihre konkreten Konzepte für den »Einkaufsschwerpunkt Rudolf-Breitscheid-Straße« alias »Neue Mitte«. [1] Herr Uwe Laule [2] – Geschäftsführer von MIB – sagte dabei gegen Ende seiner Ausführungen wörtlich: »Wir hatten ursprünglich geplant, den Festsaal auch mit zu erhalten, haben uns den auch angeguckt – die Stadt hat uns dankenswerterweise die Möglichkeit gegeben, daß wir uns den mal (...) ansehen. Da ist leider nix mehr erhalten. Deshalb haben wir uns dann – für diesen Teil des Denkmalschutzes – dazu entschieden, nur die Fassade zu erhalten, da ist ja eine wunderschöne Fassade zur Moststraße, die bleibt erhalten, und dahinter gehen wir auf Abbruch. (...)«
Daran ist nicht zu rütteln und das kann man auch nicht wegdiskutieren, das ist durch Ton- und Bildaufzeichnungen zweifelsfrei belegt. [3] Im Auditorium saßen u.a. OB Dr. Thomas Jung und Stadtbaurat Joachim Krauße und nahmen diese Aussage wohlwollend zur Kenntnis. Durch Ansagen und Ankündigungen wie diese hat die Firma MIB schlußendlich ja auch den Sieg davongetragen und den Zuschlag bekommen. Die Fürther Nachrichten berichteten tags drauf unter der Überschrift »Absage an das Ufo« von dieser denkwürdigen Veranstaltung und erwähnten dabei auch das Bekenntnis von MIB zum Erhalt der Saalfassade.
Im März 2012 kündigte MIB dann an, daß das Parkhotel in seiner Gesamtheit (also einschließlich des Festsaals) abgerissen werde, was zu Protesten führte. [4] Die FN schrieben in ihrem Artikel »Schicksal des Hotel-Saals ist besiegelt« vom 15.03.2012: »Wenn – voraussichtlich nach dem Ende der Kirchweih – die Abbrucharbeiten beginnen, wird deshalb nur ein niemals in Frage gestellter Bestandteil verschont: die gut erhaltene historische Fassade an der Moststraße.« Im gleichen Artikel wird übrigens Herr Laule zitiert mit der Behauptung, es sei im Saal »keine denkmalwerte Substanz mehr erhalten«, womit er sich herausnimmt, dem immer noch aktuellen Fachurteil des Landesamtes für Denkmalpflege von Ende 2011 zu widersprechen. [5]
Anklickbare Galerie: die historische Saalfassade aus drei verschiedenen Blickwinkeln (alle Fotos: Ralph Stenzel)
Bereits am 14.09.2011 hatte der Bauausschuß die Anpassung des schon für die »Neue Mitte I« (Sonae Sierra, 2008) [6] aufgestellten Bebauungsplanes 370a (der dieser Tage zur vorgezogenen Bürgerbeteiligung ausliegt) auf die Bedürfnisse des neuen Investors beschlossen. Im Plan ist der vorgesehene Abbruch sowohl des Saals als auch der Fassade zur Moststraße hin festgelegt und dokumentiert durch rote Schraffur des gesamten Gebäudekomplexes. [7] Zufall, Irrtum oder Absicht?
So oder so: Sollte der ob seiner vielen positven Ideen ausgewählte Investor kurz vor Baubeginn eine Kehrtwende hinlegen und sich anschicken, etwas anderes zu realisieren als vorher vorgezeigt und verbindlich versprochen, so wäre das ein Affront und eine Verhöhnung unserer Stadtspitze sowie der gesamten Bevölkerung, die darauf vertraut, daß hier alles mit rechten Dingen zuging und zugeht. Ich bin freilich zuversichtlich, daß sich Herr Dr. Jung und Herr Krauße nicht beirren lassen und der Firma MIB im Zweifelsfall bedeuten werden, daß sie sich an ihre in aller Öffentlichkeit getätigten Aus- und Zusagen doch bitteschön zu halten hat: Wir Fürther sind nämlich weder blind noch taub noch deppert! Der hoffnungsfroh in die Zukunft blickende Verfasser dieser Zeilen würde sich freuen, an dieser Stelle in einem ergänzenden Kommentar recht bald Entwarnung geben zu dürfen: Vielleicht ist sein chronisches Mißtrauen gegen allzu vollmundig vorgetragene Beschwichtigungen ja tatsächlich unberechtigt!
[1] Ausschnitte der Video-Mitschnitte der drei Präsentationen sind auf der Homepage von Medien PRAXIS e.V. in einem eigenen Artikel verlinkt und abzurufen.
[2] im Bild zu sehen im FN-Artikel »‘Die Stadt gibt das her’« vom 06.08.2011.
[3] im gekürzten Video von [1] ist diese Passage nicht enthalten, wohl aber im archivierten Gesamtmitschnitt.
[4] vgl. Website der Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth«.
[5] siehe Jahresbericht 2011 des Stadtheimatpflegers Dr. Alexander Mayer, Punkt 3, von ihm selbst veröffentlicht in seinem Rundbrief Nr. 71 vom 30.01.2012.
[6] vgl. dazu »Wahn oder Wirklichkeit« in des Autors privaten Blog.
[7] Stadtplanungsamt Fürth: Bebauungsplan Nr. 370a, »Neuer Einkaufsschwerpunkt in der Rudolf-Breitscheid-Straße«, Verfahrensstand: Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit vom 10.10.2012 – 25.10.2012. Auszugshalber veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Fürth Nr. [18] 2012.
Aufgrund einer Nachfrage aus der Leserschaft hier ein technischer Hinweis in eigener Sache:
Die im Artikel gezeigten (und gestern schnappgeschossenen) Fotos habe ich mit »FixFoto« kontrastoptimiert und teilweise perspektivisch korrigiert, damit die Häuser auch gerade stehen und nicht etwa schepps gen Himmel zu ragen scheinen. Das scheint mir gerade bei Architektur-Aufnahmen unerläßlich zu sein. Details zu meinen lichtbildnerischen Optimierungsarbeiten führe ich immer wieder mal in meinem privaten Blog aus, z.B. in den folgenden Beiträgen:
»Krummes gerade gerückt«
»Wunderbare Windows-Weichware (4)«
»Richtigstellung«
»Vom Foto zum Bild (1)«
Die meisten Fotos in der »Fürther Freiheit« wurden von mir vor ihrer Veröffentlichung mit dem genannten Programm (und mit dem nötigen Augenmaß) bearbeitet.
danke für diese hervorragende, prägnante chronik der ereignisse.
Gemessen am bisherigen Ablauf halten wir also fest: es ist leider mit dem Schlimmsten zu rechnen. Die Salamitaktik und die Zugeständnisse gehen weiter und werden auch der Festsaalfassade ein Ende bereiten. Zum Schluss hat der Investor alles was er insgeheim schon von Anfang an wollte: ein freie, von Altbausubstanz unbelastete Fläche auf der möglichst billig ein mehr als durchschnittlicher Konsumtempel hochgezogen werden kann. Wie weit hier die Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit mittlerweile auseinanderklafft, zeigt der aktuelle Rundbrief des Stadtheimatpflegers welcher nunmehr sogar einen Erhalt der Fassade des Parkhotels befürwortet um den Betonbrocken dahinter wenigstens etwas zu kaschieren. Dass man davon abgesehen hat den überarbeiteten Entwurf der Öffentlichkeit zu präsentieren, lässt nichts Gutes ahnen. Wenn ich das richtig sehe ist die Planung für die Aussengestaltung noch völlig offen, also lasst uns Fürthern unser Parkhotel, wenigstens zur Dekoration. Die »Denkmalstadt« begründet sich zum Großteil gerade aus Gebäuden dieser Epoche, das aktuelle Vorgehen ist deshalb mehr als erbärmlich, man stelle sich vor in Rothenburg oder Dinkelsbühl würde man in der Innenstadt Fachwerkhäuser abreissen um einen Beton-Neubau zu realiseren – undenkbar!
Danke Ralph für die ausführliche Berichterstattung.
Ich habe mir von MIB mehr Einsatz erwartet. Zuerst kommt der Investor ohne Parkplätze aus – dann gibt es plötzlich doch Bedarf und sofort ist ein Pächter für das Parkhaus da, der selbstredend nur dann den Betrieb aufnimmt wenn die Stadt mit den Parkplätzen auf der Freiheit entgegen kommt. Die Kleinteiligkeit der Fassaden und das historische Stadtbild soll erhalten werden und ....
Zyniker behaupten oft, daß die Investoren allesamt gleich wären: Erst würden sie den kommunalen Entscheidern Honig ums Maul schmieren und sich auch bei der Bevölkerung durch hehre Ideen und weitgehende Zugeständnisse an das Stadtbild einschmeicheln, hinterher würden sie dann aber doch ihre wohlfeilen Zusagen stückweise dem Primat des Kommerzes und der Rendite-Maximierung opfern. Und das dann auch noch öffenltich unter Krokodilstränen bedauern: Sie selbst würden ja so gerne zu ihren Aussagen stehen, aber leider, leider, mache die nachgeordnete Vermietungs-Gesellschaft Druck, die ihrerseits bedauernd auf die fordernden Filialisten verweist, die wiederum die Marktforscher zitieren und auf den (angeblichen) Willen »des Konsumenten« zeigen...
Ich selbst habe nach wie vor Vertrauen in die Integrität des sympathisch wirkenden Herrn Laule, ich glaube auch nicht, daß MIB den renommierten Herrn Craven als »Strohmann« und Köder nur präsentiert hat, um sich nach Auftragserteilung wieder dem banalen Billig-Bau-Prinzip zuzuwenden. MIB sucht erkennbar nach Konsens mit der Stadt und der Bürgerschaft, das war bisher zu spüren und das ist auch anzuerkennen. Wobei anzunehmen ist, daß es innerhalb so einer großen Firma – wie überall anders auch – verschiedene Auffassungen und Meinungen gibt (z.B. Fachleute mit architektonischem Sachverstand hier, rotstiftschwingene Controller da). Klar ist auch, daß sich der Geschäftsführer einer überregional tätigen Firma primär den Interessen der Teilhaber und Anteilseigner verpflichtet sieht (das ist sein Job!) und weniger den Wünschen der Betroffenen vor Ort. Es liegt an uns Fürthern, die »gemäßigten« Kräfte auf Investorenseite in ihrem Einsatz für uns zu bestärken und ihnen weiterhin und öffentlichkeitswirksam zu zeigen, daß wir mit ihnen zusammen an der Realisierung eines weithin sichtbaren »Leuchtturm-Projektes« interessiert sind, mit dem MIB dann ja auch andernorts hausieren gehen kann! Das wäre für mich die anzustrebende Win-Win-Situation: Gute Einkaufsmöglichkeiten in bemerkenswert qualitätvoller Architektur für uns Fürther, ein außergewöhnlich akzentuiertes Referenzprojekt für das Portfolio von MIB!
Jawohl lassen wir uns weiter einlullen bis es zu spät ist und ein gesichtsloser Bau ohne Identität anstelle des Parkhotels steht.
Ich habe inzwischen das Vertrauen in MIB verloren. Auch bin ich enttäuscht das Herr Krauße, wie in der FN zu lesen, den eingeschlagenen und bis dahin funktionierenden Weg der Transparenz verlässt, Herr Jung stoppen Sie ihn.
Eine Überarbeitung eines Entwurfes kann alles bedeuten, und wenn sich MIB mit dem Entwurf an die Bayrische Bauordnung hält, muss die Stadt Fürth nahezu alles genehmigen. Erschreckend ist auch, das der Festsaal dermassen leichtsinnig mit dem Bebauungsplan geopfert wird. Dieses Bauwerk sollte man im Bebauungsplan erstmal vor Abriss schützen, um sich ein weiteres Vorgehen offen zu halten.
Inzwischen tendiere ich zu der Einsicht, der Weg des Konsens war letztendlich falsch. Ich lasse mich aber gerne überzeugen, z.B. mit der Veröffentlichung der Nachbesserungen oder einem Zwischenergebnis der Überarbeitung.
Man muss an dieser Stelle noch einmal darauf dringen, dass die Verantwortlichen alle Anstrengungen unternehmen werden, um eine architektonisch ansprechende Lösung für den Kopfbau an der Ecke »Parhotel« hinzubekommen.
Weitere Verzögerungen im Zeitplan werden einen verheerenden Einfluss auf die Fürther Innenstadt mit ihrer Einkaufslandschaft haben, zumal ja auch noch die scheinbar aussichtslose Situation des City-Center dazukommt.
Es darf nicht sein, dass ein Ringen um diese Lösung hinter verschlossenen Türen, die Bürgerschaft und deren Engagement und Ideenreichtum ausschließt.
Nur eine offene Diskussion wird zu einer guten Lösung führen.
Hallo City Center 2.0!
Nachfolgende Generationen werden die Hirnlosigkeit dieses großartigen »Modernisierungsprojekts« in eine Reihe mit dem Abriss des Gänsbergviertels und den Bau des City Centers stellen.
Da scheint man unbedingt ein großartiges Konzept wiederholen zu wollen: vorsätzliches Opfern prägender historischer Bausubstanz für ängstlich-langweilige 08–15 Architektur eines Dicke-Hose-Projekts, dabei mal wieder ignorieren, dass Fürth zwar eine Großstadt ist, aber halt keine mit Zentralcharakter.
Nürnberg wird auch wenn hier drei solche Dinger stehen, noch bessere Einkaufsmöglichkeiten bieten.
Klar werden sich auch mal ein paar Leutchen aus der Nachbarstadt hierher verirren, solange das Ungetüm heiß und neu ist – siehe Arkaden. Aber in 20 Jahren ist die »Neue Mitte« genauso sexy wie jetzt der City Center. Dann wird der Kasten ohne U‑Bahnanschluss genauso verödet in einer noch öderen Innenstadt stehen.
Wie wärs denn mit einem eigenen Profil, liebe Fürther? Wenn man nicht genau die gleichen Läden wie überall hinpflanzt, kommt vielleicht auch nachhaltig Kundschaft aus der Metropolregion.
Pressespiegel: »Park-Hotel: Kritiker wollen ‘die Notbremse ziehen’« (FN)