Der ganz ge­wöhn­li­che Weih­nachts­stress

6. Dezember 2012 | von | Kategorie: Spielplatz
Santa Claus und Osterhase (Illustration: Anja Boretzki)

San­ta Claus und Oster­ha­se (Il­lu­stra­ti­on: An­ja Bo­retz­ki)

Der Oster­ha­se und San­ta Claus tref­fen sich zu­fäl­lig auf dem Christ­kind­les­markt. Zu­sam­men trin­ken sie ei­ne Tas­se Glüh­wein.

Oster­ha­se: Gut siehst du aus. Hast du ab­ge­nom­men?

San­ta Claus (streicht sich über den noch im­mer mäch­ti­gen Bauch): Ja, ich muss­te. Nach dem Un­fall im letz­ten Jahr hat man mir na­he­ge­legt, ein paar Pfun­de zu ver­lie­ren. Pein­li­che Ge­schich­te war das.

O: Oh Mann, ja, hab‘s in der Zei­tung ge­le­sen. Al­ter, muss ganz schön be­engt ge­we­sen sein in so ei­nem Schorn­stein. Wie lan­ge hast du da drin ge­steckt bis die Feu­er­wehr ge­kom­men ist?

SC: Drei Stun­den. (Sei­ne Stim­me wird dünn.) Mein The­ra­peut meint, es dau­ert, bis man so ein Trau­ma ver­ar­bei­tet hat.

Pau­se. Im Hin­ter­grund wird »Jing­le Bells« ge­spielt.

SC: Ich kann die­sen Song nicht mehr hö­ren. (Räus­pert sich.) Und wie geht’s dir so?

O: Wun­der­bar. Ich hab’ ja noch Rest­ur­laub. Mei­ne Sai­son be­ginnt erst nach Hei­lig Drei­kö­nig. So­lan­ge lass ich’s mir gut ge­hen. (Nippt an sei­nem hei­ßen Ge­tränk.) Hab schon ein paar tol­le Ideen für neue Oster­ei­er­mu­ster. Ich schick dir mal ’ne Mail. Die Scho­ko­la­den­ei­er­be­stel­lung wer­de ich aber schon in der kom­men­den Wo­che auf­ge­ben. Im letz­ten Jahr gab’s ziem­li­che Pro­ble­me mit der Zu­lie­fe­rung.

SC: Wem sagst du das! Mir feh­len noch 50 Ki­sten Scho­ko-Weih­nachts­män­ner! Aber in die­ser Sai­son geht wirk­lich al­les schief. Mein Oberen­gel ist we­gen Burn-out in der Kli­nik und die Ver­tre­tung hat stän­dig Bla­sen­ent­zün­dung. Al­les stress­be­dingt, sag ich dir. Ge­stern sind uns die ro­ten Schlei­fen aus­ge­gan­gen.

O: Ist das die Mög­lich­keit. Und wie läuft’s mit den El­fen?

SC: Die Jun­gen ha­ben über­haupt kei­ne Ar­beits­mo­ral mehr. (Wischt sich ro­ten Glüh­wein aus dem Schnauz­bart.) Nör­geln stän­dig. Ich muss­te die Ge­schenk­pa­pier­fir­ma wech­seln. Ko­sten spa­ren. Du weißt schon. Nun be­schwe­ren sie sich an­dau­ernd über die ge­rin­ge Reiß­fe­stig­keit. Und an­geb­lich färbt das vio­let­te Pa­pier ab.

O: Vor drei Jah­ren ist ‘mal, mit­ten in der Haupt­sai­son, die Eit­rock­nungs­ma­schi­ne ka­putt ge­gan­gen. Ein De­sa­ster. Ich muss­te zu­sätz­li­che 100 Leih­ar­bei­ter mit Bla­se­bal­gen ein­stel­len. Was glaubst, du wie viel das ge­ko­stet hat? Von den Ner­ven ganz zu schwei­gen. (Schüt­telt mit dem Kopf, kur­ze Pau­se.) Wie geht es Mrs. Claus?

SC: Gut. Im Mo­ment se­hen wir uns aber eher sel­ten. Sie küm­mert sich um die Ren­tie­re, die ma­chen halt viel Ar­beit, und ich mich um’s Ge­schäft. Ich hab’s nicht so mit den Vie­chern.

O: Ich bin auch so froh, dass ich die Chicks zur Zeit nicht um mich hab. Das Ge­gacker ist nicht grad an­ge­nehm für mei­ne Oh­ren. Tin­ni­tus, du weißt schon.

SC: Wo sind die jetzt?

O: Auf ’ner Be­au­ty­farm. Las­sen sich ver­wöh­nen und ih­re Hin­tern mas­sie­ren.

SC: Die haben’s gut.

O: Ja. Man muss halt in­ve­stie­ren in sei­ne Ar­beits­kräf­te.

SC: (nickt zu­stim­mend): Mei­ne Ren­tie­re schicke ich nach der Sai­son in den Sü...

Ein En­gel kommt ei­lig her­bei ge­flo­gen.

En­gel: Chef. Chef, wir ha­ben da ein paar Pro­ble­me.

SC: (seufzt) Was ist denn nun schon wie­der?

E: Die rest­li­chen Scho­ko­la­den-Weih­nachstsmän­ner, die heu­te ge­lie­fert wur­den, sind teil­wei­se be­schä­digt.

SC: Zer­bro­chen oder ver­dellt?

E: (sieht auf sein Klemm­brett) Bei­des. Der Schlit­ten ist nicht durch die TÜV-Prü­fung ge­kom­men und die neu­en Ge­schenk­pa­pie­re ... Sie wis­sen schon, die Sie als Er­satz für das vio­let­te ge­or­dert hat­ten, sind so scharf­kan­tig, dass meh­re­re El­fen we­gen Schnitt­wun­den ver­arz­tet wer­den muss­ten. Die fal­len na­tür­lich erst mal aus.

SC: (fährt sich über die Stirn) Oh je.

O: Al­ter, das hört sich nicht gut an.

SC: Der ganz nor­ma­le Wahn­sinn halt. Du hast ge­hört, ich muss los. War schön, dich mal wie­der zu se­hen.

O: Ja, halt die Oh­ren steif! (haut ihm auf­mun­ternd auf die Schul­ter.) Und schö­ne Grü­ße an die Frau.

SC: Rich­te ich aus. (Wen­det sich zur Be­die­nung hin­ter dem Tre­sen). Ei­nen Glüh­wein To Go, bit­te.

 
Die Au­torin ar­bei­tet als Freie Il­lu­stra­to­rin in Nürn­berg. Ih­re Weih­nachts­ge­schich­te ent­stand im Rah­men des Kur­ses »Frei­es Schrei­ben« an der vhs Fürth.

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Ein Kommentar zu »Der ganz ge­wöhn­li­che Weih­nachts­stress«:

  1. Dem Man­ne kann ge­hol­fen wer­den, und zwar mit ei­nem Se­mi­nar über Pro­zeß-Op­ti­mie­rung! Wä­re ei­ne ech­te In­ve­sti­ti­on in die Zu­kunft...

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