Wieder ein Denkmal weniger in der »Denkmalstadt« Fürth?
15. Februar 2013 | von Thomas Heyden | Kategorie: HäuserkampfOffener Brief der Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth«:
An den
Vorsitzenden des Landesdenkmalrats
Staatsminister a. D. Dr. Thomas Goppel
c/o Geschäftsstelle des Landesdenkmalrats
Salvatorstraße 2
80327 München
Fürth, den 13. Februar 2013
Wieder ein Denkmal weniger in der »Denkmalstadt« Fürth?
Sehr geehrter Herr Dr. Goppel,der Festsaal des Park-Hotels in Fürth und seine Fassade müssen vor der Zerstörung bewahrt werden. Das Denkmal ist durch die Pläne des Leipziger Projektentwicklers MIB für einen »Einkaufsschwerpunkt« in der Rudolf-Breitscheid-Straße in seiner Existenz bedroht. Die Stadt Fürth wertet den erwarteten Effekt für den Fürther Einzelhandel höher als den Denkmalstatus des Festsaals.
Die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth« appelliert deshalb an den Landesdenkmalrat, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das sich in seiner Stellungnahme vom 29. Januar 2013 unmissverständlich gegen einen Abriss ausgesprochen hat, zu unterstützen und ihm den Rücken zu stärken.
Fürth zählt zu den sechs am besten erhaltenen historischen deutschen Großstädten (neben Leipzig, Dresden, Regensburg, Heidelberg und Oldenburg). Vor diesem Hintergrund hat sich die Stadt selbst den Titel der »Denkmalstadt« verliehen. Die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth« versteht dies als Selbstverpflichtung der Kommune zu einem vorbildlichen Umgang mit schützenswerten historischen Bauten.
Leider war in der Vergangenheit allzu oft das Gegenteil der Fall: Vom Flächenabriss des Gänsbergviertels, dem unter anderem auch das Geleitshaus am Grünen Markt zum Opfer fiel, über den Geismannsaal und die Sahlmann-Villa am Bahnhofsplatz bis hin zum Café Fürst und dem bis heute schmerzlich vermissten Fischhäusla an der Rednitz ist die Liste der verlorenen Baudenkmäler lang. Böse Zungen sprechen gar davon, dass die Stadt nach dem Kriege nachgeholt habe, was ihr im Zweiten Weltkrieg erspart geblieben sei. Der positive Effekt dieser teils gedankenlosen, teils mutwilligen Zerstörung war die Entstehung einer kritischen Öffentlichkeit, die sich im Falle des drohenden Verlustes des Park-Hotel-Festsaals sogar in zwei Initiativen artikuliert: der Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth« und dem Verein »Wir sind Fürth«, der sich durch ein Bürgerbegehren für den kompletten Erhalt des ehemaligen Park-Hotels stark macht.
2008 formierte sich die Bürgerinitiative, als Pläne zu einer Shopping-Mall mit 25.000 Quadratmetern Verkaufsfläche im Bereich der Rudolf-Breitscheid-Straße bekannt wurden. Der Widerstand aus den verschiedensten Teilen der Fürther Bürgerschaft richtete sich vor allem gegen die Privatisierung öffentlichen Raums, die Zerstörung von Denkmälern und die drohende Verödung der Fürther Innenstadt. Das von einem portugiesischen Investor betriebene Projekt kam aufgrund der Weigerung eines Hausbesitzers, sein Anwesen in der Rudolf-Breitscheid-Straße zu veräußern, zu Fall.
Im zweiten Anlauf versicherte sich die Stadt Fürth der Unterstützung von Seiten der Bürgerinitiative, als es um ein Auswahlverfahren für neue Investoren ging. Die Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes war dabei ein wichtiges Kriterium. Mit MIB schien ein Projektentwickler gefunden zu sein, der auch auf diesem Feld mit der gebotenen Sensibilität zu Werke gehen würde. Die Hoffnungen wurden enttäuscht, als MIB die Integration des historischen Festsaals in den Einkaufsschwerpunkt mit dem Hinweis auf statische und feuerpolizeiliche Schwierigkeiten für unmöglich erklärte. Der Argumentation der Bürgerinitiative, dass der Festsaal ein Alleinstellungsmerkmal des Einkaufsschwerpunkts in der Region werden und so auch als Garant des kommerziellen Erfolges des Projektes dienen könne, will MIB nicht folgen.
Der Festsaal bildet den repräsentativen Mittelpunkt des ehemaligen Park-Hotels, das in den Jahren 1887/88 als Hotel National von den Leipziger Architekten Georg Weidenbach und Anton Käppler im zeittypischen Stil der Neurenaissance errichtet wurde. Nach Beschädigung im Zweiten Weltkrieg und Modernisierung und Aufstockung in den Jahren 1953 bis 1955 besitzt nur noch der Festsaal die Eigenschaft eines Denkmals. Dem tat auch die im Februar 2010 bekannt gewordene Zerstörung von stuckierten Medaillons keinen Abbruch, wie das Landesdenkmalamt bereits mit Schreiben vom 23. November 2011 bestätigt hat.
Das Park-Hotel und sein Festsaal sind vielfältig mit der Lokalhistorie verknüpft. Als Beispiel sei die Rolle des Park-Hotels in der Zeit der Räterepublik genannt: Vom 9. November 1918 bis zum 11. April 1919 tagte hier der Exekutivausschuss des Fürther Arbeiter- und Soldatenrates. Entscheidend aus Sicht der Bürgerinitiative ist jedoch die Tatsache, dass der Festsaal des Park-Hotels neben den Resten des Hotels Kütt die einzige verbliebene bauliche Reminiszenz an den von den Nationalsozialisten abgerissenen Ludwigs-Bahnhof auf der heutigen Fürther Freiheit darstellt. Überall auf der Welt entstanden im 19. Jahrhundert große Hotels in nächster Nähe der Bahnhöfe oder waren sogar in die Bahnhöfe integriert. Mit dem Festsaal existiert in Steinwurfnähe zu der Stelle, an der am 7. Dezember 1835 die erste deutsche Eisenbahn ihren Zielbahnhof erreichte, ein Baudenkmal, das durch den oben geschilderten Zusammenhang zur Erinnerung an dieses historische Datum von nationalem Rang sehr viel besser taugt als jede Gedenktafel.
Die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth« bedauert zutiefst, dass die Untere Denkmalschutzbehörde, vertreten durch Baureferenten Joachim Krauße, bislang keine Anstrengungen zur Bewahrung des Baudenkmals unternommen hat. Dies ist umso weniger nachvollziehbar, als der Baureferent als Privatperson ganz offensichtlich Sympathien für die Forderung nach Erhalt des Festsaals hegt: »Fürths Baureferent Joachim Krauße lässt (…) keinen Zweifel daran, dass er es ‘gern gesehen’ hätte, wäre der Saal (…) restauriert worden«, berichteten die Fürther Nachrichten am 15. März 2012. Obwohl die Stadt sogar Eigentümerin des ehemaligen Park-Hotels ist bzw. war, hat man es versäumt, MIB klare Grenzen hinsichtlich des Umgangs mit dem Baudenkmal zu setzen. Getrieben von der Sorge, der Investor könne Fürth den Rücken kehren, ist die »Denkmalstadt« Fürth wieder einmal bereit, ein Denkmal zu opfern. Denkmalschutz, der im Freistaat Bayern Verfassungsrang genießt, wird einmal mehr gegen Interessen des Einzelhandels ausgespielt und soll den Kürzeren ziehen. Dabei ist diese Alternative eine falsche und rein polemisch: Denkmalschutz und Einzelhandel lassen sich sehr wohl miteinander versöhnen, wenn nur alle Beteiligten es wollen und dafür nicht nur nach Schema F verfahren.
Wir bitten den Landesdenkmalrat, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Festsaal des Park-Hotels zu retten!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Heyden und Manuela Helfrich
für die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth«
Sehr gut formuliert und auf den Punkt gebracht, aber gehört ausgerechnet Dresden zu den am besten erhaltenen historischen deutschen Großstädten?
Ich hätte spontan auch eher auf Bamberg und Görlitz getippt, aber die kommen (noch) nicht auf die 100.000 Einwohner, die eine Großstadt ausmachen...
Ja, aber ausgerechnet Dresden! Ich hatte vor zwei Jahren Gelegenheit die Stadt ausführlich zu studieren, und mein (natürlich subjektiver) Eindruck war, dass Dresden vor allem aus Ruinen, Plattenbauten, Rekonstruktionen und hässlichen Vororten besteht. Und der vielleicht schönste Milchladen der Welt sowie die Yenidze-Fabrik allein reißens doch nicht raus, oder?
Dresden wurde nicht komplett zerbombt!
Ansonsten stelle ich mir die Frage, wer das Fischhäusla bitteschön schmerzlich vermisst...
hallo »Fürther«, jeder echte vermisst es schmerzlich, demnach folgere ich, dass sie gar keiner sind.
Bitte hier nicht auch noch die Diskussion wer Fürther ist und wer nicht!
Und nochmal an den »Fürther«: es geht auch nicht darum, dass Dresden komplett zerbombt wurde (und das wurde es wohl!!) sondern darum, dass Dresden zu den besterhaltenen Großstädten gehören soll, und das ist einfach nicht richtig. Ich zitiere dazu nur mal aus WP: »Die Altstadt brannte zu einem großen Teil aus. Außer Ruinen blieben nur einige wenige Gebäude schwer beschädigt erhalten... Die Bombenangriffe zerstörten viele Kulturdenkmäler des spätbarocken ‘Florenz an der Elbe’, darunter Semperoper, Frauenkirche, Dresdner Schloss, Sophienkirche und Zwinger. Die Baubehörden der DDR ignorierten den früheren Stadtgrundriss, ließen viele ausgebrannte Gebäude abreißen (darunter: Sophienkirche, Albert-Theater, Palais der Sekundogenitur), andere Ruinen oder Trümmerhaufen als ‘Mahnmal’ erhalten (Frauenkirche, Kurländer Palais) und verstärkten so noch den Eindruck einer fast völligen Zerstörung des Stadtkerns«. Und ja, Herr Heller hat recht, diese Diskussion soll hier nicht weitergeführt werden, aber wenn sich einer Fürther nennt und derlei Schmarrn schreibt, kann zumindest ich das nicht unkommentiert lassen.
Hat man eigentlich auch schon mal mit diesen Leuten Kontakt aufgenommen?
http://www.denkmalschutz.de/startseite
und
http://www.europanostra.de/
und was wird AUS DEM CITY CENTER???? der lebt ja auch noch, wie sieht es mit der SCHWABACHER STRASSE aus? da befinden sich jede Menge Einkaufsläden, die eine GENERALÜBERHOLUNG brauch!!!
Die Einkaufsbedinnungen werden dadurch nicht besser wenn man das ALTE nicht im GRiIFF hat!
Also liebe also Liebe Fürther Ich bin verknalltin Euere Stadt.
Ich wünsche mir so sehr dass das PARK HOTEL BLEIBT. »gegebenfals würde in das Historische Gemäuer ein Kunst und Handwerker Haus voerstellen können.« Die Comödie ist in unmittelbarer Nähe, als auch das Theater Fürth, so wie auch das Rathhaus es gibt eine tolle strecke nicht nur für die Fürther als auch für die Fürther Gäste die über Bus und Bahn zu Fürth zu Besuch kommen!!!! DAnke, der Stadt Fürth die auch nicht nur Glück brauch in der 1. Liege als auch als Glücksstadt für das Historische.
Die Aussage, dass Fürth »zu den sechs am besten erhaltenen historischen deutschen Großstädten« zähle, basiert auf dem Wikipedia-Artikel zu »Kunst- und Baudenkmäler der Stadt Fürth«.
Dass Dresden eine größere Denkmaldichte pro 1.000 Einwohner als Fürth aufweist, mag angesichts des verheerenden Luftangriffs vom 13./14. Februar 1945 unglaubwürdig klingen, doch wurde die flächenmäßig sehr ausgedehnte Residenzstadt an der Elbe vor allem im Bereich der Altstadt zerstört. Die Website der Landeshauptstadt (www.dresden.de) spricht von 13.000 erfassten Kulturdenkmälern. Bei einer Einwohnerzahl von 533.161 (Stand: 30. September 2012; Quelle: Statistisches Landesamt) kommen also 24,38 Denkmäler auf 1.000 Einwohner. Dies entspricht auch einem Ranking, das im Immobilien-Kompass der Zeitschrift Capital 2009 erschien. Nach Leipzig und Dresden landet Fürth auf Platz drei:
Capital. Immobilien-Kompass, 4. August 2009
Ranking: Osten vorn
Die Zahl der Denkmäler in deutschen Städten schwankt stark. Das liegt an der Struktur sowie den Maßstäben der Behörden.
Stadt ¹ / Zahl der Denkmäler pro 1000 Einwohner ² / Zahl der Denkmäler insgesamt ³
Leipzig / 29 / 15.000
Dresden / 25 / 13.000
Fürth / 18 / 2000
Frankfurt / 14 / 9000
Regensburg / 13 / 1700
Köln / 9 / 9000
Stuttgart / 9 / 5000
Würzburg / 7 / 1000
Nürnberg / 6 / 2900
Bremen / 4 / 1500
Düsseldorf / 3 / 1600
Berlin / 2 / 8000
Hamburg / 1 / 1500
1) ausgewählte Städte (über 100.000 Einwohner) mit größerer Zahl von Denkmalobjekten
2) gerundet
3) gerundet; Vergleichbarkeit durch unterschiedliche Zählweisen in den Bundesländern eingeschränkt
Im FN-Artikel »Standfestes Fischerhaus glänzt wie neu« wird Stadtbaurat Joachim Krauße zitiert mit den Worten: »Es ist schon erstaunlich, was man mit Gebäuden tun kann, die für Laien aussehen, als wären sie abbruchreif«. Da hat er zweifellos recht. Und auch seiner zweiten Aussage: »Man sieht hier, dass es sich lohnen kann, auch bei schwierigsten Bedingungen derartige Projekte anzugehen« ist uneingeschränkt zuzustimmen...
@ Ralph: ja ja, jetzt müsste nur noch selbst danach handeln, gell.
Pressespiegel: »Ringen um den Festsaal des Fürther Park-Hotels« (FN)
Pressespiegel: »Hartnäckiges Tauziehen um den Festsaal« (FN)
Pressespiegel: »Denkmalrat besichtigt das Park-Hotel« (FN)
Pressespiegel: »Die Saalschlacht im Park-Hotel erreicht ihren Höhepunkt« (FN)
Pressespiegel: »Denkmalrat macht sich für den Festsaal stark« (FN)