Das Atelier des Meisters – Der Künstler Christoph Haupt
18. Juli 2015 | von Grete Löwe | Kategorie: KulturFürth, Nürnberger Straße 61 – ein Gründerzeit-Gebäude wie viele andere in der Gegend. Nichts deutet darauf hin, daß innen Außergewöhnliches vor sich geht: keine Inschrift, ja nicht einmal ein Klingelschild. Wem es gelingt, in den meist verschlossenen Hof vorzudringen, kann jedoch an der Tür zum Seitengebäude einen angehefteten Pappdeckel entdecken, wie er gewöhnlich zum Transport von Tortenstücken gebraucht wird. Darauf steht geschrieben: »Atelier Haupt, 2ter Stock, links.«
Nun wird es prickelnd. Da oben erschafft der Maler, Grafiker, Dichter, Koch und Philosoph Christoph Haupt sein unerhörtes Œuvre, dort erfreut er seine Nachbarschaft mit Katzen-Musik auf der Trompete und dem Harmonium, dort zelebriert er auf echt chinesische Art für seine neugierigen Gäste Tee, und dort hängen seine Gemälde und Linoldrucke in einer Dichte, gegen die sich eine »Petersburger Hängung« spärlich ausnimmt.
In einer Atmosphäre aus barocker Pracht und Bohème-Kargheit serviert er den Tee. Den Kuchen dazu muß man selbst mitbringen, denn Haupt ist ein Asket – freilich ein Asket, der abends – nach getaner Arbeit – Schlachtschüssel und Bier liebt. Und er ist in der Lage, noch weit unversöhnlichere Gegensätze zu vereinen.
In diesem Atelier tut sich eine Zauberwelt auf: Chinesinnen in roten Schlauchkleidern stellen absurde Szenen dar – man weiß oft nicht recht, was da los ist, doch es schnurrt und zirpt. Dann ist da ein Personal, das der deutschen Romantik anzugehören scheint, aber auch das ist nicht sicher. Und man findet Männer, die sich in einem wolkenverhangenem Gebirge verirrt haben. Putten haben sich dazugesellt. Und Tiere: Hunde, Seegurken, alle möglichen Arten von Insekten, vor allem Stubenfliegen. Ja, die Stubenfliege scheint Haupts Wappen-Tier zu sein.
Nicht nur Haupts Tierwelt ist unpopulär, auch die Menschen sind mit schrägen Zügen oder Pickeln behaftet. Was verachtet ist und als häßlich gilt, scheint hier erwünscht zu sein. Das Häßliche ist der Stoff, aus dem das Schöne gemacht wird – so sagt der Meister. In der Tat: um hier Häßliches zu erblicken, muß man an den Begriffen hängen bleiben; die Aura dieser Bilder umfängt den Betrachter mit einer anziehenden, fröhlichen Anmut. Die Zauberkraft der Malerei verwandelt alles in Pracht.
Doch gleichzeitig ist da eine Irritation: Die Bedeutung dieser Bilder ist nicht erkennbar. Die Absurdität, der schräge Stil lassen keine vom Verstand faßbare Deutung zu. Der Meister umrankt jedes seiner Werke, plaudernd, mit allerlei kurzweiligen Geschichten, die aber nichts erklären. Kann es wahr sein, daß da keine Botschaft ist, kein sogenannter tieferer Sinn, keine in Begriffen faßbare Bedeutung?
Was bedeutet das Leben? – so fragt der Meister zurück. Ja, es ist wahr, da ist kein Ernst und kein Humor; wer das begriffen hat, kann in das Lachen des Meisters im Angesicht dieser Bilder einstimmen. Wer es noch nicht begriffen hat, der lese Dr. Garbarians aufschlußreichen Essay (demnächst hier auf dieser Plattform, Anm. des Herausgebers).
Wer das Atelier des Meisters besuchen will, ist dort willkommen und kann telefonisch unter 0176–26417452 einen Besuch vereinbaren. Wen Schwellenangst daran hindert, kann die Fürther Ateliertage »Gastspiel« am 24. und 25. Oktober 2015 nutzen, um unbemerkt mit der Masse hinein und hinaus zu schlüpfen. Wer sich zuhause ein Bild von des Meisters Œuvre machen will, besuche www.christophhaupt.com.
Schöner Beitrag! Die Bilder von Christoph Haupt üben im Original eine ganz eigenartige Faszination aus, die in den Abbildungen freilich nicht wirklich adäquat eingefangen und wiedergegeben werden kann. Vor allem die riesigen Formate (und die sehr individuell gestalteten, selbstgebauten Rahmen) schaffen in den hinteren »Schauräumen« seines Hinterhaus-Ateliers eine besondere Stimmung, die man wirklich mal erlebt haben sollte...
Leider sind die im ganz konkreten Sinne großen Werke wohl für die wenigsten erschwinglich, vom Platzbedarf eines solch opulent-ausladenden Gemäldes ganz abgesehen. Aber als Fan des Asien-affinen Meisters kann man ja auf seine handlichen Linoldrucke ausweichen, die sich nicht nur jeder leisten kann, sondern für die sich auch in einer normalen Wohnung ein Platz an der Wand finden sollte. Überdies beeindrucken die Drucke (sic!) durch ihre plakative Farbigkeit und graphische Anmutung. Ein Beispiel ist in dem Artikel »Große Kunst aus Fürth und Berlin« zu sehen.
Pressespiegel: »Die Entdeckung der Vielfalt« (FN)