Verblassende Erinnerungen – Vom Umgang mit Exponaten im Ludwig Erhard Zentrum
30. September 2018 | von Ralph Stenzel | Kategorie: VermischtesSeit langem ist das (neumodischerweise ohne Bindestriche geschriebene) Ludwig Erhard Zentrum (LEZ) in der öffentlichen Diskussion, vornehmlich wegen der vielfach als unangemessen gigantomanisch empfundenen Erscheinung seines Neubaus direkt am Rathaus. Im Inneren der Einrichtung werden alle Register modernen Edutainments [1] gezogen: Überall leuchtet und plappert es aus Multimedia-Stationen, es wurde in der Ausstellung offenkundig an nichts gespart. Doch im Detail sind teilweise erschreckende Nachlässigkeiten zu konstatieren, die nicht nur Fachleuten auffallen dürften.
Über die inhaltlichen Aspekte der Ausstellung zur Wirkungsgeschichte von Fürths berühmten Sohn ist schon einiges geschrieben worden [2], zur Qualität und Stringenz der Konzeption kann sich der Autor dieser Zeilen indes nach einmaligem Besuch der Einrichtung seriöserweise noch keine abschließende Meinung bilden. Sehr wohl aufgefallen sind ihm allerdings Verstöße gegen formale und konservatorische Selbstverständlichkeiten, die professionellen Museumsbetreibern nicht unterlaufen sollten.
Zum einen betrifft das die korrekte Zuschreibung von Exponaten und Abbildungen: Etwa ein Dutzend der in einer Bildschirmschau gezeigten Fotos entstammen entweder der Wikipedia oder unserem lokalen Online-Lexikon FürthWiki, ohne daß dies entsprechend gekennzeichnet worden wäre. Das »Ausborgen« von Abbildungen aus den Leuchtturm-Projekten des Freien Wissens ist zwar prinzipiell in Ordnung und nicht zu beanstanden, allerdings nur bei korrekter Nennung von Herkunft und Lizenz. Und eben daran fehlt es an mehreren Stellen. Zur Ehrenrettung der Verantwortlichen des LEZ sei allerdings erwähnt, daß diese nach entsprechenden Hinweisen seitens des Vorstandes von FürthWiki e. V. die Fehler unumwunden einräumten und baldige Nachbesserung versprachen...
Weniger kommunikativ verhielten sich die LEZ-Leute zum anderen aber hinsichtlich der gleichzeitig von mir gestellten Fragen, die ich ihnen am 16. September 2018 per Mail zukommen ließ:
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei einem Besuch des LEZ am gestrigen Samstag (15.09.2018) wurde mir von der Dame an der Kasse bestätigt, daß es sich bei sämtlichen ausgestellten Dokumenten um Originale und nicht um Faksimiles handelt.
Umso erstaunlicher fand ich den Umstand, daß im Altbau (Geburtshaus von Ludwig Erhard) ein halbes Dutzend Fenster weit geöffnet, ihre feinmaschigen Lichtschutzvorhänge abgenommen und diese in den Raumecken abgestellt waren (siehe Anhänge).
Bei spätsommerlich schönem Wetter leuchtete der gegenüberliegende Neubau des LEZ in vollem Sonnenschein, und auch dessen Reflektion durch die Fassade hatte noch genug Kraft, um die ausgestellten Dokumente in den Vitrinen gegenüber merklich zu beleuchten und zu erhellen. Als Beispiel sei das von mir fotografierte Kochbuch von Luise Erhard genannt.
Könnten Sie mir freundlicherweise darlegen, wie sich diese behelfsmäßigen Lüftungsmaßnahmen (zur Freude der Besucher, aber zum langfristigen Schaden der Exponate) erklären lassen? Verfügt das LEZ im Altbau über keine Klimaanlage, so daß schon bei moderaten Wetterlagen die Fenster geöffnet und historisch relevante Unikate dadurch einer erhöhten UV-Belastung ausgesetzt werden müssen? Oder handelt es sich umgekehrt doch nur um Kopien, deren mittelfristiges Ausbleichen/Zersetzen durch Sonnenlicht in Kauf genommen wird? Oder gibt es gar latent gesundheitsgefährdende Ausgasungen von Schadstoffen, deren Konzentration durch ständiges Lüften verhindert werden soll?
Über eine sachkundige Aufklärung dieser Fragen würde ich mich freuen.
Vielen Dank und beste Grüße,
Ralph Stenzel
Bis zum heutigen Tage erhielt ich dazu keine Stellungnahme seitens des LEZ. Gut, niemand hat Anspruch auf die Beantwortung unaufgefordert gestellter Fragen. Dennoch hätte hier eine offene Informationspolitik – oder gar das Einräumen von Fehlern aus Unachtsamkeit – einen professionelleren Eindruck hinterlassen und zur Vertrauensbildung beigetragen. So bleibt nur zu hoffen, daß im LEZ trotzdem bald adäquat reagiert und ein angemessen professioneller Umgang mit historischen Exponaten zur Selbstverständlichkeit wird. Sonst verblassen die Erinnerungen an Ludwig Erhard und seine Geschichte nicht nur im übertragenen Sinne schneller als von den Ausstellungsmachern beabsichtigt...
- Edutainment = Kompositum aus »Education« (Lehre) + »Entertainment« (Unterhaltung)
- unter anderem von Gerd Walther, in: Der Fränkische Museumsbote
»...niemand hat Anspruch auf die Beantwortung unaufgefordert gestellter Fragen....« Nun ja, das kann man – wenn man die allgemein – immer noch? – üblichen Umgangsformen in Betracht zieht, nicht so sagen, finde ich. Ihre Anfrage war fachlicher bzw. sachlicher Natur und hätte durchaus der Anregung von Verbesserungeun im Museum dienen können, wenn man seitens der LEZ-Leitung dafür offene Ohren haben wollte. Die Nicht-Beantwortung Ihrer Fragen könnte man deshalb durchaus als »leichte Unverschämtheit« betrachten, zumindest aber als ein Anzeichen einer Überheblichkeit, die signalisiert, dass man sowohl eine Anregung als auch eine Reaktion darauf »nicht nötig hätte«. Das sagt m.E. einiges über diese »bürgernahe« Einrichtung aus.